Sonntag, 1. Oktober 2017

Berlin - Marokko und wieder zurück... Teil 1

Seit August 2013 sind wir nun in Berlin "sesshaft" und es war wieder mal höchste Zeit, sich für etwas länger auf das Motorrad zu schwingen um eine Reise zu tun.


In den letzten vier Jahren hatten wir immer wieder kleinere Motorrad- und Rucksackreisen gemacht. Nach wie vor ist unser einziges Fahrzeug das selbe Motorrad, mit dem ich zwischen 2009 und 2013 nach Malaysia gefahren bin. Resi ihr Name, wurde aber seither auch für allerlei anderer Fahrten missbraucht und


musste, nach und nach, auf Vordermann gebracht werden. Mittlerweile hat sie neue Seitenkoffer, ein deutsches Kennzeichen und den TÜV einwandfrei bestanden. Resi war, bis auf ein großes Service, in einem tadellosen Zustand. Optimal für eine längere Spazierfahrt.


Kartenmaterial, Reiseführer und Ersatzteile waren vorhanden und so


musste nur noch das ganze Equipment Platz finden und schon konnte 


die Reise starten.


Nochmal einen Blick zurück geworfen und ein "see you later" an Liis geschickt. Ich hatte die letzten 18 Monate etwas mehr gearbeitet und mir so ein Sabbat angespart. Mein Arbeitgeber ermöglichte mir dadurch drei Monate, zwischen Anfang September und Ende November, bezahlt frei zu bekommen. Eine win-win Situation, ich kann Moped fahren und der Arbeitgeber kann annehmen, dass ich wieder zurück komme. Wichtig bei diesen Vereinbarungen ist jedoch, dass der Arbeitgeber zustimmt. Bei Liis hätte sich das etwas schwieriger gestaltet und somit mach ich mich erstmal alleine auf Reisen. Geplant war, dass Liis nach Marokko (Casablanca) fliegt und ich sie dort abhole. Aber bis dahin waren es noch 1,5 Monate. Wir waren noch nie solange voneinander getrennt und der Abschied fiel schwer. Einerseits war da die Vorfreude auf neue Abenteuer, andererseits musste ich aber die wichtigste Person in meinem Leben zurück lassen. Naja, solange ich in Europa war konnten wir telefonieren und danach war es nicht mehr lange, bis wir uns wiedersehen würden.


Erster Stopp war Hary´s Motoshop

(Bild aus 2013)
Für alle die Hary nicht kennen. Hary kam 2013 mit Spezialwerkzeug nach Thailand um dort, gemeinsam mit mir, in einer selbst zusammengebastelten Werkstatt, eine Herzoperation an Resi vorzunehmen. Wir haben damals Motor, Getriebe, Federung... einer Generalüberholung unterzogen und sind spätestens seither gute Freunde. Wenn jemand diese verrückte Geschichte nachlesen möchte, hier der Link!


Ich versuche Hary einmal im Jahr zu besuchen und fast immer gibt es auch etwas an Resi zu tun. Es macht fast den Anschein als würde auch Resi immer wieder nach Hary verlangen. Am Weg nach Vorarlberg, wo Hary lebt und schafft, zeigte sich dieses Verlangen in Form einer aufleuchtenden Ladekontrolleuchte. Ich konnte entspannt bleiben und wusste, in Hary´s Motoshop gibt es für dieses Problem bestimmt die passende Lösung. So war es dann auch. Die Kohlen der Lichtmaschine waren zu Ende und mussten getauscht werden. Witziges Detail am Rande, die alten Kohlen haben Hary und ich damals gemeinsam in Thailand eingelötet. Aus Ermangelung an richtigem Werkzeug unter erschwerten Bedingungen...
Es gab dann noch neue Reifen, neues Öl, Vergaser einstellen und eine Probefahrt des Meisters. Der meinte, Resi ist bereit für den Ausflug nach Marokko und hat sich noch nie so gut angefühlt. Hary, sein Vater und ich machten noch einen kleinen Motorrad Tagesausflug und anschließend bekam ich noch unbezahlbare Routen-Tipps für die folgenden Tage in den Schweiz-Italienisch-Französischen Alpen.

(Viamala Schlucht) 
Wenn du die Route so fährst wie ich dir das gezeigt habe, wirst du am Ende keine Kurven mehr sehen können, meinte Hary. Na schaun ma mal, und endlich startete ich die Reise tatsächlich.


Ich hatte eigentlich, wie so oft bei meinen Reisen, keinen richtigen Plan. Ich wusste nur, dass ich im Oktober in Casablanca sein sollte. Liis wird dort ankommen und erwartet, so nehme ich an, dass ich sie abhole. 1,5 Monate für geschätzte 4000 km sollten reichen und so konnte ich mich erstmal der

 (Laghetto Moesola)
Schönheit der Berge

(Valle Maggia)
 die der Täler


und vieler


weiterer


Bergpässe widmen. Das ist übrigens der höchste asphaltierte Pass der Alpen.

(La Redoute Marie Thérèse)
Ich befand mich im Gebiet der Tour de France und die Straßen waren in hervorragendem Zustand. Die meisten bei der Tour gefahrenen Wege werden für die Tour neu asphaltiert oder zumindest repariert. Früher, als ich mir dieses Spektakel noch regelmäßig angesehen hatte dachte ich öfter so bei mir,


wie toll es nicht wäre, Teile dieser Etappen


mit dem Motorrad


zu erfahren. Kurven! Kurven rauf


Kurven runter, nichts als Kurven,


Gletscher,


und atemberaubend schöne Landschaften.


Eine kleine Pause zwischendurch und schließlich erreichte ich das


Tourziel der diesjährigen 18. Etappe. Ich muss schon sagen, beeindruckend und mit dem Fahrrad könnte ich mir das nur schwer vorstellen. Nur gut dass ich mein


Motorrad dabei habe, so kann ich es etwas gemütlicher angehen. Am Morgen nach dieser anstrengenden Etappe ging es wieder weiter. Nach einer Tasse Kaffee (natürlich bin ich auch auf dieser Reise top ausgerüstet) und dem zusammen packen des Zeltes führt mein erster Weg meist in die nächstgelegene



Boulangerie. Ich stärkte mich mit einem leckeren Pain au chocolat (man gönnt sich ja sonst nichts),


und schon warten die nächsten Kurven,


Bergseen,


Dörfer die nur aus dem Skiweltcup bekannt sind und

 (Cime de la Bonette auf 2802m)
tolle Aussichtspunkte.


Ein Traum, ich konnte einige der höchsten Pässe der Alpen fahren, hatte immer gute Sicht und meist wolkenlosen Himmel. Es war das Motorradfahrer Paradies und ich sage dir, genau das ist es, was ich, als im Norddeutschen Tiefland sesshaft gewordener, manchmal vermisse. Sich aufs Motorrad zu schwingen und alles, außer die nächste Kurve natürlich, zu vergessen. Einfach drauf los zu fahren und am Morgen nicht wissen, wo man am Abend schlafen wird. Es war höchste Zeit für diese Reise, eine längere Reise, bei der ich einfach meinen Rhythmus leben kann, ohne meine Freizeitplanung durch arbeiten gestört zu wissen. :)


 Es schien, als ob sich das mit dem permanent wolkenlosen Himmel in naher Zukunft ändern sollte und so beschloss ich, die Alpen



in Richtung Provence


zu verlassen. Die richtige Lavendelblüte war natürlich schon lange vorbei aber selbst die bereits abgeernteten Felder, ich muss nochmal wiederkommen wenn der Lavendel blüht, und diese


Gegend mit ihren kleinen pittoresken Dörfer waren eine Augenweide.


Weiter ging es durch das Rhone Tal, eines der ältesten Weinanbaugebiete Frankreichs, in den


Nationalpark Cevennen.



Ich fand einen feinen kleinen Campingplatz und schlug mein Zelt auf. Nachdem ich meine Wäsche gewaschen und zum trocknen aufgehängt hatte, Hausarbeit muss auch erledigt werden wenn man im Zelt lebt, machte ich mich auf um Abendessen und Frühstück für den nächsten Tag zu besorgen. Es war früher Nachmittag und ich wollte ursprünglich nur eine Nacht bleiben. Als ich vom Einkauf zurück fuhr begann es zu 


regnen. Die zum trocknen aufgehängte Wäsche bekam einen Nachwaschgang und ich wusste, dass es mit der Idee nur eine Nacht zu bleiben nichts wird. Macht aber nichts, die Karstlandschaft der Cevennen ist auch sehr schön. Es gibt ein paar wunderbare Straßen und


das Mittelmeer ist auch nicht weit weg. Es war einfach zu verlockend, nach all diesen Bergen und Kurven noch während die Wäsche in den Cevennen trocknet, ans Meer zu fahren, eine Runde zu schwimmen (erfrischend um nicht kalt zu sagen) und am


Cap d´Agde ein paar Wasserlebewesen zu verspeisen. Dekadenz par excellence.

Als ich zum Meer fuhr sah ich einen Wegweiser auf dem geschrieben stand, 300km bis Barcelona! Ohoo, Barcelona war gleich um die Ecke, sozusagen. Das kam ein wenig überraschend und ich überlegte kurz der Stadt einen Besuch abzustatten beschloss aber dann, in Barcelona war ich schon mal, lieber eine für mich neue Gegend zu erkunden. Ja sogar ein neues Land war für mich in Reichweite. Ein kleines aber trotzdem, ein richtiges Land.


Andorra, mein 47. Land das ich bereise. Wenn ich schon mal in der Gegend bin, dachte ich, muss ich dort hin fahren. Liis und ich haben einen kleinen Wettbewerb am laufen. Wer hat die meisten Länder bereist und ich konnte mit Andorra meinen Vorsprung ausbauen. Ansonsten gibt es aber zu diesem Land nicht viel zu sagen. Eine Steueroase die auf mich wirkte, als wäre eine Almhütte zu einem Shoppingcenter ausgebaut worden. Grotesk! Naja, Tanken und Zigaretten sind günstiger als in den umliegenden Ländern und somit hatte der Aufenthalt auch wieder seine Berechtigung. Natürlich neben den Ausbau meiner Führung im familieninternen Wettbewerb :)

Ich war zum ersten mal in den Pyrenäen und schon gespannt, welche Erlebnisse und Eindrücke auf mich warten werden. Mehr dazu aber im nächsten Abschnitt. Gleich vorweg, es könnt ein wenig dauern bis ich es schaffe den zu schreiben.



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